Schabernack – Die hohe Kunst des gepflegten Unsinns
Es gibt Wörter, die machen schon beim Aussprechen gute Laune. „Schabernack“ ist so eines – ein Wort, das klingt, als würde es vorsichtig auf Zehenspitzen durchs Zimmer schleichen, um jemandem einen Streich zu spielen und dabei kichern wie ein Kind, das sich unbedingt über das Erschrecken seines Gegenübers freut. Doch Schabernack ist nicht allein auf weiter Flur: Im deutschen Sprachraum tummeln sich jede Menge lautmalerische Wortverwandte, die das Leben bunter machen – von „Firlefanz“ bis „ausbaldowern“.
Schabernack stammt aus dem Mittelhochdeutschen – ursprünglich ein recht banaler Begriff für einen Winterhut, der den Nacken schützte. Wie daraus ein Synonym für übermütigen Unfug wurde, ist ein kleines Rätsel, an dem Sprachforscher:innen bis heute rumbaldowern.
Und dann ist da noch der Firlefanz – ein Wort, das nach flatterndem Unsinn klingt und für alles steht, was überflüssig, verspielt oder einfach nur herrlich unnütz ist. Zusammen mit dem Schabernack ergibt das ein unschlagbares Duo für alle, die das Leben nicht zu ernst nehmen. Schabernack ist das Salz in der Alltagssuppe, der kleine Kokolores am Rande des Ernstes. Es ist das, was passiert, wenn jemand einen Streich spielt, einen Ulk reißt oder einfach mal die Konventionen auf den Kopf stellt. In einer Welt voller To-Do-Listen, Social-Media Perfektion, einem perfektionierten Körper- und Gesundheitskult und starkem Pflichtbewusstsein ist Schabernack das kleine, rebellische Sandkorn im Getriebe – und das ist auch gut so.
Schabernack in der Kunst
Die Kunst hat den Schabernack schon immer geliebt. Denken wir an die Dadaisten, die mit ihrem scheinbar sinnlosen Firlefanz die Kunstwelt aufmischten. Oder an die Surrealisten, die mit absurden Bildwelten und einer Prise Mumpitz unser Denken herausforderten. Im Theater ist Schabernack ohnehin zuhause: Shakespeare ließ seine Figuren in Verwechslungskomödien stolpern, Loriot perfektionierte den feinen Blödsinn, und im Kasperltheater wird seit Jahrhunderten ausgiebig geblödelt.
Warum ist Schabernack so wichtig? Weil er uns erlaubt, aus der Reihe zu tanzen, zu matschen, zu kleben, zu schnipseln und dabei zu lachen. In der Kunstpädagogik wird das Prinzip des Schabernacks gezielt eingesetzt, um Kreativität zu fördern und neue Wege auszubaldowern. Wer Firlefanz zulässt, entdeckt oft ungeahnte Talente – und hat dabei jede Menge Spaß. Schabernack ist ein Geschenk an die Menschheit – ein Freifahrtschein für Fantasie, Humor und Lebensfreude. Und er hat viele Geschwister: Firlefanz, Kokolores, Mumpitz, Tohuwabohu und wie sie alle heißen. Wer sie pflegt, bleibt neugierig, kreativ und sympathisch unperfekt.
Schabernack in der Bildung
Die Schule der Zukunft steht vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss junge Menschen nicht nur mit Wissen ausstatten, sondern sie auch dazu befähigen, in einer von Unsicherheit, Komplexität und Wandel geprägten Welt (VUCA Modell) handlungsfähig zu bleiben. Der Begriff der Future Skills – also Zukunftskompetenzen – rückt dabei ins Zentrum der Bildungsdebatte. Und gerade dieser Diskussion tut eine gehörige Portion Kreativität gemischt mit Schabernack unglaublich gut.
Future Skills
Future Skills umfassen weit mehr als reine Fachkompetenz. Sie sind ein Bündel an Fähigkeiten, die es den Menschen ermöglichen, komplexe Probleme selbstorganisiert zu lösen, kreativ zu denken, empathisch zu handeln und in sozialen Kontexten Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehören Kreativität, kritisches Denken, Kollaboration und Kommunikation – die sogenannten 4K – ebenso wie Resilienz, Mut und die Fähigkeit, mit Mehrdeutigkeit umzugehen. Diese Kompetenzen sind nicht statisch, sondern müssen in Lernprozessen immer wieder neu erworben und erprobt werden.
Schabernack: Das kreative Störmoment
Was aber hat Schabernack hier zu suchen? Viel, wie ein genauerer Blick zeigt. Schabernack schafft Zonen der Freiheit, in denen man aus der Blase des Erwartbaren ausbrechen und das Leben entdecken kann. Hier werden Kreativität, Mut, Neugier und die Fähigkeit, mit Unsicherheiten umzugehen, ganz praktisch erprobt. Schabernack ist das spielerische Labor für Future Skills: Wer Regeln hinterfragt, neue Wege ausprobiert und auch mal scheitert, lernt, mit Komplexität und Ambivalenz umzugehen – zentrale Anforderungen einer sich wandelnden Gesellschaft.
Kulturelle Bildung: Resonanzraum für Entwicklung
Kulturelle Bildung ist der Resonanzraum, in dem Schabernack und Future Skills gedeihen können. Sie eröffnet Erfahrungsräume, in denen Menschen sich schöpferisch mit Musik, Kunst, Theater, Literatur oder Medien auseinandersetzen. Eine Schule, die kulturelle Bildung in den Fokus rückt, muss also mehr sein als ein Ort der Wissensvermittlung. Sie wird zum Laboratorium, in dem Schabernack nicht als Störung, sondern als notwendiges Störmoment für Lern- und Entwicklungsprozesse verstanden wird. Kulturelle Bildung bietet hierfür die Bühne: In Theaterprojekten, Musik-AGs, Kunstworkshops oder kreativen Medienprojekten können Schüler:innen ihre Grenzen ausloten, gemeinsam Neues schaffen und dabei zentrale Zukunftskompetenzen erwerben
Die produktive Kraft des Ungeplanten
Schulen brauchen Räume, in denen nicht alles planbar und kontrollierbar ist – wo Schabernack als Motor für Innovation und Resilienz wirken kann.
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