Doch was passiert, wenn kulturelle Bildung, Kreativität und ein Hauch von Theaterpädagogik die ehrwürdigen Hallen des rheinland-pfälzischen Landtags durchwehen? Genau das durfte ich erleben – und es war weit mehr als ein politischer Pflichttermin. Im Rahmen meines Weiterbildungsmaster Kulturelle Bildung an Schulen der Universität Marburg habe ich mich aufgemacht, dem Landtag einen Besuch abzustatten – nicht als stille Beobachterin, sondern als neugierige Schabernack-Botschafterin. Mein Ziel: herauszufinden, wie viel Raum für Kreativität, kulturelle Bildung und vielleicht auch ein bisschen subversiven Witz es in der politischen Alltagsarbeit wirklich gibt.
Zwischen Fraktionssitzungen, Kulturausschuss und Gesprächen mit Abgeordneten wurde schnell klar: Auch in der Politik ist Platz für Schabernack – vorausgesetzt, man weiß, wie man die richtigen Fragen stellt, die richtigen Türen öffnet und mit einer Prise Humor und Neugier die ernsten Themen des Alltags beleuchtet. Denn wo Politik und kulturelle Bildung aufeinandertreffen, da wird es spannend, lebendig – und manchmal auch unvorhersehbar.

Der Landtag von Rheinland-Pfalz
Mitten im Herzen von Mainz, am geschichtsträchtigen Platz der Mainzer Republik, residiert der Landtag Rheinland-Pfalz – das demokratische Zentrum des Bundeslandes. Sein Sitz, das imposante Deutschhaus, ist weit mehr als nur ein Parlamentsgebäude: Es ist ein Symbol für die wechselvolle Geschichte der Region und ein lebendiger Ort politischer Willensbildung. Ursprünglich zwischen 1729 und 1740 als Residenz für den Hochmeister des Deutschen Ritterordens erbaut, wurde das Deutschhaus im Laufe der Jahrhunderte mehrfach Zeuge bedeutender historischer Ereignisse. So tagte hier 1793 der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent der kurzlebigen Mainzer Republik – dem ersten Demokratieexperiment auf deutschem Boden – und später residierte sogar Napoleon in seinen Mauern.

Um den gestiegenen Anforderungen an die parlamentarische Arbeit gerecht zu werden, wurde 1999 das Abgeordnetenhaus eröffnet. Es bietet den 101 Abgeordneten sowie den Fraktionen und ihren Mitarbeitenden funktionale Arbeitsbedingungen unter einem Dach, um die Wege zu verkürzen und die Zusammenarbeit zu erleichtern. Der Gebäudekomplex, der auch von der Landesregierung genutzt wird, ist durch eine symbolische Baufuge getrennt und unterstreicht so die Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive.

Politischer Dienstagmorgen
Es ist ein früher Morgen in Mainz. Die Sonne wirft erste Strahlen auf das moderne Gebäude des Landtags Rheinland-Pfalz, wo der Tag heute für mich beginnt. Ein Tag lang hinter den Kulissen der Landespolitik. Mein Ziel: Einblicke in die Arbeit eines Landtagsabgeordneten, die Fraktionsarbeit der SPD, die Herausforderungen der Kulturpolitik und die aktuelle Haushaltslage – kurz vor der Landtagswahl im März 2026. Ich werde im Abgeordnetenhaus von Pamela Fischer empfangen, Referentin für Jugend, Integration, Verbraucherschutz und Kultur der SPD-Fraktion. Sie führt mich durch die verschiedenen Abteilungen, erklärt die Strukturen, die Arbeitsweise und die täglichen Herausforderungen.
Mein erster Programmpunkt ist ein Gespräch mit Thorsten Jung, dem Fraktionsgeschäftsführer der SPD. Im Moment lässt sich die SPD-Fraktion von der Landtagswahl 2026 nicht nur ein wenig beflügeln, sondern auch ganz schön auf Trab halten – schließlich weiß man, dass jeder politische Schritt jetzt unter dem Brennglas der Öffentlichkeit steht. Da wird aus dem sonst so geschickten politischen Jonglieren mitunter ein Balanceakt auf dem Drahtseil, bei dem die Koalitionspartner plötzlich lieber auf Nummer sicher gehen und Kompromisse zu einer kleinen Sensation werden. Die Haushaltslage ist derweil so angespannt, dass man schon fast meinen könnte, sie sei ein modernes Kunstwerk: minimalistisch, aber mit großer Wirkung. Prioritäten setzen ist das neue Buzzword, und bei der kulturellen Bildung heißt das, mit viel Kreativität und wenig Budget möglichst viele Projekte zu unterstützen – im besten Sinne. Jung schaut dabei auch gerne mal über den rheinhessischen Tellerrand und schwärmt vom „Kulturkoffer“ aus Hessen, der wie eine bunte Überraschungstüte für kulturelle Bildung wirkt. Warum also nicht auch in Rheinland-Pfalz ein wenig von diesem spielerischen Ansatz abgucken?
Zwischen Bürotüren und Koalitionswirren:
Im Anschluss nimmt Pamela Fischer mich mit auf eine kleine Entdeckungstour durch die labyrinthischen Gänge der SPD-Fraktion – ein Parcours, der so manche Überraschung bereithält und das Innenleben der Landespolitik greifbar macht. Als Referentin für Jugend, Integration, Verbraucherschutz und Kultur weiß sie, wie man zwischen den Stühlen der Koalitionspartnerschaften balanciert – gerade, wenn das zuständige Ministerium in den Händen der Grünen liegt. Die Zusammenarbeit, so erzählt sie zwischen zwei Fluren, sei oft ein kreatives Ping-Pong-Spiel: mal konstruktiv, mal herausfordernd, immer aber mit dem Ziel, Kompromisse zu finden und dabei die eigenen Positionen nicht aus den Augen zu verlieren.
Das Ministerium: Familie, Frauen, Kultur und Integration Rheinland-Pfalz
Das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration – kurz MFFKI – ist im politischen Alltag ein zentraler Knotenpunkt für Themen rund um Gesellschaft, Kultur und Zusammenleben. Unter der Leitung von Katharina Binz (Partei: die Grünen) werden hier die Fäden für Projekte gezogen, die Familien, Frauen, kulturelle Initiativen und Integrationsarbeit im Land voranbringen. Im Ministerium werden Programme entwickelt und umgesetzt, die darauf abzielen, das Zusammenleben in Rheinland-Pfalz zu stärken. Dazu gehören zum Beispiel die „Kulturförderung RLP“, mit der Kultureinrichtungen und Initiativen unterstützt werden. Auch die Jugendkunstschulen profitieren von gezielter Förderung, damit Kinder und Jugendliche Zugang zu kreativen Angeboten bekommen.
Arbeitskreis Kultur der SPD Landtagsfraktion und Arbeitskreis mit den Koalitionspartnern
Nach dem Rundgang nehme ich an zwei Arbeitskreisen teil. Bevor im Ausschuss die große Bühne der Landespolitik betreten wird, findet das eigentliche Vorspiel in den Arbeitskreisen der Fraktionen statt. Hier, fernab der offiziellen Mikrofone, wird hinter verschlossenen Türen diskutiert, abgewogen, gestritten und auch miteinander gelacht. Die Arbeitskreise sind so etwas wie die Generalprobe vor der Premiere: Die Abgeordneten, unterstützt von ihren Fachreferent:Innen und Experten:Innen, nehmen die Tagesordnungspunkte auseinander, drehen und wenden sie, bis die Argumente sitzen und die Fraktionslinie steht. Es ist der Ort, an dem Unsicherheiten geäußert, kritische Fragen gestellt und auch mal ungewöhnliche Ideen in den Ring geworfen werden dürfen – ohne dass gleich die Öffentlichkeit zuschaut. Hier wird Tacheles geredet, werden Kompromisse ausgelotet und die Strategie für den Auftritt im Ausschuss festgezurrt. Wer einmal miterlebt hat, wie aus einem bunten Strauß an Meinungen eine gemeinsame Position entsteht, weiß: Die eigentliche politische Handwerkskunst spielt sich oft im Schatten der großen Debatten ab. Erst wenn im Arbeitskreis die Hausaufgaben gemacht sind, kann die Fraktion im Ausschuss geschlossen und souverän auftreten – bereit für das politische Rampenlicht.

Öffentliche Sitzung des Kulturausschusses
Der Kulturausschuss tagt – und wie immer ist die Tagesordnung ein bunter Mix. Diesmal bestehend aus Landesfest, Gesetzesvorhaben, Förderprogrammen und kleinen wie großen Kulturfragen:
Rheinland-Pfalz-Tag in Neustadt an der Weinstraße (Staatssekretär Fedor Rose)
2025 war Neustadt an der Weinstraße Gastgeberin des 38. Rheinland-Pfalz-Tags – ein Landesfest, das nicht nur Wein, Wurst und Musik, sondern auch jede Menge Demokratiegeschichte im Gepäck hatte. Mit Blick auf das Hambacher Schloss, Symbol der deutschen Demokratiebewegung, wurde drei Tage lang gefeiert, diskutiert und präsentiert, was das Land ausmacht: Engagement, Lebensfreude und eine ordentliche Portion regionaler Stolz. Im Ausschuss wurde die Veranstaltung reflektiert und die Bedeutung solcher Feste für das kulturelle Leben und die regionale Identität hervorgehoben.
Landesgesetz zur gemeinsamen Finanzierung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Staatssekretär Prof. Dr. Jürgen Hardeck)
Das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich seit Jahren an der Finanzierung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz – einer der wichtigsten Kulturinstitutionen Deutschlands, die etwa die berühmten Berliner Museen verwaltet. Nun steht ein neues Finanzierungsabkommen an: Ab 2026 steigt der jährliche Beitrag des Landes auf 1.293.600 Euro, um den gestiegenen Bedarf und die Modernisierung der Stiftung zu decken. Das Abkommen wurde im März 2025 von Bund und Ländern unterzeichnet und muss nun in Landesrecht überführt werden. Für Rheinland-Pfalz ist das nicht nur eine finanzielle Verpflichtung, sondern auch ein Bekenntnis zur gemeinschaftlichen Bewahrung des kulturellen Erbes.
Im Verlauf der öffentlichen Sitzung des Kulturausschusses tauchte unter dem Tagesordnungspunkt zur strukturellen Verlagsförderung ein Antrag der AfD-Fraktion auf. Die AfD forderte darin, die Rahmenbedingungen für die Förderung von Verlagen in Rheinland-Pfalz zu überprüfen und gegebenenfalls neu zu justieren – wobei die Fraktion in ihrer Begründung auf wirtschaftliche Gesichtspunkte und eine angebliche Ungleichbehandlung unabhängiger Verlage abhob. Statt einer ausführlichen Debatte entschied sich der Ausschuss, den Antrag der AfD zunächst schriftlich zu beantworten – eine gängige Praxis, wenn die Vorlagen entweder nicht ausreichend vorbereitet erscheinen oder die Mehrheit der Mitglieder keinen unmittelbaren Handlungsbedarf sieht. So blieb es bei einem kurzen Verweis auf das weitere Verfahren, während die eigentlichen kulturpolitischen Akzente dieses Tages von anderen Themen gesetzt wurden.
Das Regionale Zukunftsprogramm in Rheinland-Pfalz ist mehr als nur ein weiteres Förderprogramm – es ist ein Versprechen, das Land auch dort lebendig zu halten, wo die Dörfer schrumpfen und die Busse selten fahren. Kommunen und zivilgesellschaftliche Akteure werden eingeladen, mit frischen Ideen und Mut zum Experiment die Regionen voranzubringen. Das Programm setzt auf eine bunte Mischung aus Kultur, Bildung und Sozialem: Mobile Jugendkulturangebote, die selbst in den entlegensten Winkeln Halt machen; Kreativwerkstätten, in denen Kinder und Jugendliche ihre Talente entdecken können; regionale Bildungsnetzwerke, die Brücken schlagen zwischen Schulen, Vereinen und Initiativen; und soziale Treffpunkte, die aus alten Gebäuden Orte der Begegnung machen, wo Jung und Alt zusammenkommen.
Dabei geht es nicht nur um Geld, sondern um echte Perspektiven: Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung, Vernetzung der Akteure vor Ort und die Förderung innovativer Projekte, die das Leben auf dem Land attraktiver machen. Das Regionale Zukunftsprogramm ist ein Signal, dass das Flächenland Rheinland-Pfalz nicht nur auf die großen Städte setzt, sondern auch den ländlichen Raum als Motor für Kreativität und Zusammenhalt begreift.
In der Sitzung wird klar: Trotz aller Euphorie über die 200 Millionen Euro, die das Regionale Zukunftsprogramm in die besonders herausgeforderten Regionen von Rheinland-Pfalz spült, stoßen viele Kommunen in der Praxis auf eine Reihe handfester Probleme. Das beginnt schon beim Zeitdruck: Die Antragsfristen sind nach Ansicht vieler Kommunalpolitiker schlicht zu knapp bemessen. Während das Programm offiziell mit einem schlanken, unkomplizierten Verfahren wirbt, müssen die Kommunen in der Realität oft innerhalb weniger Monate eine Vielzahl von Projekten entwickeln, kalkulieren, durch die politischen Gremien bringen und die nötigen Ratsbeschlüsse einholen – und das nicht selten mitten in der Sommerpause. Gerade größere Verbandsgemeinden stehen vor der Herausforderung, Dutzende Einzelanträge aus ihren Ortsgemeinden zu koordinieren, die Projektideen zu bündeln und alle bürokratischen Vorgaben zu erfüllen. Viele Verwaltungen berichten, dass sie personell kaum in der Lage sind, die Flut an Aufgaben zu bewältigen. In manchen Kommunen arbeiten aktuell zwei Mitarbeitende ausschließlich daran, die Förderprojekte aus den einzelnen Gemeinden zusammenzutragen – ein Kraftakt, der im normalen Verwaltungsalltag kaum zu stemmen ist. Hinzu kommt, dass das Land zwar Flexibilität und Entscheidungsspielräume verspricht, die Kommunen aber dennoch gezwungen sind, die Fördermittel auf verschiedene Bereiche wie Infrastruktur, Klimaschutz und Wirtschaft zu verteilen. Manche Bürgermeister hätten sich gewünscht, die Mittel nach eigenem Ermessen – etwa für die Sanierung von Schulen oder Kitas – einsetzen zu können, stoßen aber an die engen Vorgaben des Programms. Im Ausschuss wird die Möglichkeit besprochen, dass die Landesregierung hier nachsteuert und die praktische Umsetzung an die Realität der kommunalen Arbeit anpasst.
Jugendkunstschulen in Rheinland-Pfalz (Staatssekretär Prof. Dr. Jürgen Hardeck)
Die CDU-Fraktion hatte einen Antrag eingebracht, der einen umfassenden Überblick über die Entwicklung der Jugendkunstschulen in Rheinland-Pfalz seit 2008 forderte – mit besonderem Blick auf Herausforderungen und Chancen. Damit wurde der Fokus bewusst auf die langfristige Perspektive und die strukturellen Fragen gelenkt, die diese außerschulischen Lernorte begleiten.
In Rheinland-Pfalz werden derzeit jährlich 27 Jugendkunstschulen und Programme durch das Landesprogramm zur Förderung von Jugendkunstschulen unterstützt. Diese Einrichtungen verteilen sich auf das gesamte Bundesland und bieten Kindern und Jugendlichen vielfältige Möglichkeiten, sich in Bereichen wie Bildender Kunst, moderner Medienkunst, Theater, Musik, Tanz oder Literatur auszuprobieren. Das Land stellt dafür jährlich 375.000 Euro zur Verfügung.
Die Jugendkunstschulen sind nicht nur ein Erfolgsmodell für kulturelle Bildung, sondern stehen auch immer wieder vor der Aufgabe, sich an gesellschaftliche Veränderungen und neue Anforderungen anzupassen – eine Herausforderung, die im Ausschuss offen und konstruktiv diskutiert wurde.
Die Jugendkunstschulen sind längst mehr als bloße Kursanbieter – sie sind lebendige Werkstätten für Fantasie, Ausdruck und kulturelle Teilhabe in Rheinland-Pfalz. Mit einem breiten Angebot öffnen sie Kindern und Jugendlichen Türen zu neuen Welten und geben ihnen Raum, sich kreativ auszuprobieren und künstlerische Kompetenzen zu entwickeln. Dabei geht es nicht nur um Technik oder Talent, sondern vor allem um die Freude am Gestalten, das gemeinsame Erleben und das Entdecken eigener Stärken. Gerade in einer Zeit, in der Schule und Freizeit oft von Leistungsdruck geprägt sind, bieten die Jugendkunstschulen einen Gegenpol: Hier zählt Neugier mehr als Noten, und Vielfalt wird gefeiert statt genormt. Die staatliche Förderung sorgt dafür, dass möglichst viele junge Menschen Zugang zu diesen Angeboten bekommen – unabhängig von Herkunft oder Geldbeutel. Im Ausschuss wurde deshalb nicht nur über die Sicherung und Weiterentwicklung der bestehenden Einrichtungen diskutiert, sondern auch die positive Wirkung der Jugendkunstschulen für die Persönlichkeitsentwicklung, soziale Kompetenzen und das kulturelle Miteinander hervorgehoben. Sie sind ein echtes Erfolgsmodell für mehr Kreativität und Zusammenhalt im Land.
Trotz der unbestreitbar positiven Wirkung der Jugendkunstschulen in Rheinland-Pfalz, gibt es im Alltag einige Stolpersteine, die im Ausschuss offen benannt wurden. Ein zentrales Problem bleibt die Vergütung: Die Honorare für Künstler:innen, die Projekte und Kurse leiten, sind vielerorts noch immer zu niedrig und spiegeln nicht den tatsächlichen Aufwand und die Qualifikation wider. Zwar wurde im Landesprogramm „Jedem Kind seine Kunst“ (JeKiKu) jüngst eine Erhöhung der Honorare von 35 auf 42 Euro pro Unterrichtseinheit beschlossen – ein Schritt in die richtige Richtung –, doch liegt das durchschnittliche Jahreseinkommen vieler Kunstschaffender in Rheinland-Pfalz weiterhin nahe der Armutsgrenze. Die Diskussion um faire Bezahlung und verbindliche Honoraruntergrenzen bleibt also hochaktuell.
Hinzu kommt, dass die kulturelle Bildung in der Fläche gesichert werden muss. Gerade im ländlichen Raum sind Jugendkunstschulen oft die einzigen Orte, an denen Kinder und Jugendliche Zugang zu künstlerischen Angeboten finden. Hier stemmen engagierte Einzelpersonen und Vereine einen Großteil der Arbeit ehrenamtlich – hauptamtliche Kräfte sind selten, und die Strukturen hängen oft am seidenen Faden. Das Land hat mit dem Programm „Zukunft durch Kultur“ darauf reagiert: Es fördert gezielt die Beschäftigung von hauptamtlichem Personal und regionalen Kulturmanager:innen, um die ehrenamtlich getragenen Strukturen zu entlasten und die Zukunftsfähigkeit der Einrichtungen zu sichern. Das Ziel ist, professionelle Unterstützung zu schaffen, damit Kulturarbeit nicht am Engagement Einzelner scheitert, sondern langfristig und verlässlich gestaltet werden kann.
Ein weiterer wichtiger Baustein ist die Kooperation zwischen den Ministerien: Das Bildungsministerium und das Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration (MFFKI) arbeiten bei Programmen wie „Generation K“ und „Jedem Kind seine Kunst“ eng zusammen. Diese interministerielle Zusammenarbeit sorgt dafür, dass kulturelle Bildung nicht nur als Freizeitangebot, sondern als integraler Bestandteil der schulischen und außerschulischen Entwicklung verstanden und gefördert wird. Die Programme setzen auf nachhaltige Vernetzung, Qualifizierung und den Ausbau von Kooperationen zwischen Schulen, Künstler:innen und Kultureinrichtungen – mit dem Ziel, kulturelle Teilhabe für möglichst viele Kinder und Jugendliche im Land zu sichern.
So bleibt die Förderung der Jugendkunstschulen ein Kraftakt zwischen Idealismus und Realität: Sie sind unverzichtbare Orte für Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung, doch ihre Zukunft hängt davon ab, ob es gelingt, faire Arbeitsbedingungen zu schaffen, die Strukturen zu professionalisieren und die kulturelle Bildung auch in der Fläche dauerhaft abzusichern.
Fossillienmuseum in Bundenbach
Ein kurzer Tagesordnungspunkt beschäftigte sich zum Abschluss der Sitzung mit einem Museum im ländlichen Raum, im Hunsrück. Das Fossillienmuseum in Bundenbach ist ein besonderes kulturelles Highlight. Es beherbergt eine der bedeutendsten Fossiliensammlungen Deutschlands und ist ein wichtiger Bildungsort. Der Ausschuss sprach über die Unterstützung und die Perspektiven des Museums.

Gespräche mit Manuel Liguori und Jens Jenssen: Politik zwischen Bürokratie und Bauernhof
Nach dem offiziellen Programm im Landtag bekomme ich die Gelegenheit, mit zwei Abgeordneten abseits des Protokolls zu plaudern.
Manuel Liguori ist nicht nur ein Name auf dem Plakat, sondern ein echter Tausendsassa im politischen Alltag von Rheinland-Pfalz. Seit 2019 ist er Stadtbürgermeister von Nassau, wurde 2024 mit großer Mehrheit wiedergewählt und weiß daher aus erster Hand, wie sich die großen Debatten aus Mainz im Kleinen anfühlen – und wo die Verwaltung im Alltag wirklich klemmt. Seit 2022 sitzt er auch im Landtag, vertritt den Wahlkreis Diez/Nassau und ist unter anderem als kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion unterwegs (hier ein Auszug seiner Gremienarbeit: Kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Ausschuss für Kultur (stellv. Vorsitzender), Ausschuss für Familie, Jugend, Integration und Verbraucherschutz, Petitionsausschuss, Ausschuss für Digitalisierung, digitale Infrastruktur und Medien (stellv. Mitglied), Ausschuss für Klima, Energie und Mobilität (stellv. Mitglied)
Ausschuss für Bildung (stellv. Mitglied)). Liguori legt Wert darauf, Politik nicht nur im Plenarsaal zu betreiben, sondern auch direkt mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen. Im Austausch mit ihm wird schnell klar: Er hört zu, nimmt unterschiedliche Standpunkte ernst und sucht nach praktikablen Lösungen, die möglichst viele mittragen können.
Später gesellt sich Jens Jenssen dazu – ein Mann, der im Bereich Umwelt und Forsten zu Hause ist, aber auch die Kulturarbeit im ländlichen Raum mit Leidenschaft verfolgt. Jenssen kennt die Herausforderungen im ländlichen Raum aus der Praxis und weiß, dass oft mit begrenzten Mitteln gearbeitet werden muss. Er verweist auf regionale Kulturfeste, die das Dorfleben beleben, auf mobile Kulturangebote, die auch abgelegene Orte erreichen, und auf das Engagement vieler Ehrenamtlicher, die das kulturelle Angebot überhaupt erst möglich machen. Für ihn ist klar: Gerade weil die kulturelle Infrastruktur in vielen Regionen ausbaufähig ist, braucht es gezielte Initiativen, die vor Ort neue Perspektiven schaffen.
Im ländlichen Raum ist Kulturarbeit manchmal so etwas wie ein Überlebenskampf: Geringe Bevölkerungsdichte, weite Wege, begrenzte finanzielle Mittel – da muss man schon kreativ sein, um nicht im Nichts zu versinken. Doch genau hier entstehen die spannendsten Projekte: Dorftheater, die mit viel Herzblut und wenig Budget große Gefühle wecken, mobile Bibliotheken, die Bücher und Geschichten in die letzten Winkel bringen, und regionale Musikfestivals, die das Dorfleben auf den Kopf stellen. Die Politik versucht, diese Initiativen zu unterstützen – mal mit Geld, mal mit Ermutigung, mal mit dem Versprechen, dass man sich auch morgen noch erinnert, dass es sie gibt.
Doch die Realität ist oft hart: Ehrenamtliche brennen aus, Fördergelder sind knapp, und die nächste Generation wandert ab. Jenssen und Liguori wissen das – und setzen sich dafür ein, dass die Kultur im ländlichen Raum nicht nur überlebt, sondern auch lebt. Sie fordern mehr Unterstützung für mobile Angebote, bessere Vernetzung und vor allem mehr Wertschätzung für die Menschen, die mit viel Engagement das kulturelle Leben am Laufen halten.
Ein Tag, der alles andere als langweilig war
Der Tag im Landtag war lang, intensiv und alles andere als langweilig. Ich habe gelernt, dass Politik nicht nur aus Reden und Abstimmungen besteht, sondern auch aus Gesprächen, Kompromissen und dem Willen, gemeinsam etwas zu bewegen. Besonders beeindruckt hat mich die Offenheit und die Bereitschaft, über schwierige Themen zu diskutieren – selbst wenn die Kassen leer sind und die politische Stimmung angespannt ist.
Die Hospitation hat mir gezeigt, wie wichtig und zugleich herausfordernd die Arbeit im Bereich der kulturellen Bildung ist. Und vor allem: Dass es Menschen wie Liguori und Jenssen braucht, die nicht nur reden, sondern auch anpacken – und dabei manchmal sogar ein bisschen Schabernack machen, damit die Kultur in Rheinland-Pfalz lebendig bleibt.
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